Herausgegeben durch den

Lexikon: Deliberation

Deliberation beschreibt einen anspruchsvollen den Prozess, in dem Menschen sich auf sachliche und faire Weise austauschen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Ziel ist es, dass Entscheidungen nicht durch bloße Mehrheiten, Macht oder Lautstärke bestimmt werden, sondern in einem argumentativen Prozess

Der Begriff Deliberation stammt vom lateinischen deliberatio, was so viel wie „Beratschlagung“ oder „Abwägung“ bedeutet. Deliberation beschreibt einen anspruchsvollen Prozess, in dem Menschen sich auf sachliche und faire Weise austauschen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Ziel ist es, dass Entscheidungen nicht durch bloße Mehrheiten, Macht oder Lautstärke bestimmt werden, sondern in einem argumentativen Prozess. Der deliberativen Demokratie geht es nicht nur darum, dass Entscheidungen gefällt werden, sondern, dass sie legitim und nachvollziehbar sind. Deliberation trägt dazu bei, Missverständnisse abzubauen, neue Perspektiven zu verstehen und durchdachte Lösungen zu finden, die für möglichst viele tragfähig sind. Studien zeigen, dass deliberative Prozesse dazu führen können, dass Menschen sich stärker mit politischen Themen auseinandersetzen, sich besser informiert fühlen und getroffene Entscheidungen legitimier und akzeptabler bewerten.

Damit deliberative Prozesse gelingen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Beteiligte sollten die gleichen Chancen haben, sich einzubringen. Die Dominanz bestimmter Akteure sollte vermieden werden. Die Diskussion sollte auf Fakten basieren und nicht von bloßen Meinungen oder Emotionen bestimmt werden – wobei umstritten ist, in welchem Maß auch Emotionen eine Rolle spielen dürfen. Der respektvolle Umgang ist entscheidend: Zuhören, aufeinander eingehen und konstruktive Kritik gehören zu den Grundpfeilern einer gelungenen Deliberation. Schließlich muss die Deliberation auch Einfluss auf politische Entscheidungen haben, sonst verlieren die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in den Prozess.

In der Praxis findet Deliberation in verschiedenen Formaten statt: häufig in sogenannte Mini-Publics, also Bürgerräte oder Zufallsbürgerforen, in denen eine nach bestimmten Kriterien ausgewählte Gruppe von Menschen gemeinsam über ein Thema berät und Empfehlungen erarbeitet. Auch Bürgerforen oder Dialogveranstaltungen bieten Raum für deliberative Diskussionen, indem sie moderierte Gespräche zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen ermöglichen. Neben diesen klassischen Formaten spielt auch die Online-Deliberation eine zunehmend wichtige Rolle, wobei hier Herausforderungen wie Anonymität, Moderation und Qualität der Argumente berücksichtigt werden müssen.

Literatur

Frieß, D. (2021). Deliberation als anspruchsvolle Form von Öffentlichkeitsbeteiligung. In F. Bätge, K. Effing, K. Möltgen-Sicking & T. Winter (Hrsg.). Politische Partizipation. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33985-2_7

Dr. Dennis Frieß ist Koordinator des Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID).
Diesen Beitrag teilen:

Das Magazin zur politischen Teilhabe

Hier ein kurzer Text über das kostenlose Magazin, seine Inhalte und den Fachverband Bürbergeteiligung…

Weitere Artikel aus unserem Magazin

Best Practice

Jugend-Kultur-Schmiede ERZ

Die Beteiligung junger Menschen ist ein zentraler Baustein für eine lebendige Demokratie. Doch gerade im ländlichen Raum fehlen oft Strukturen, um Jugendpartizipation nachhaltig zu verankern.

Artikel lesen
Schwerpunkt

Demokratie ohne Beteiligung?

Unsere Demokratie ist unter Druck geraten. Rechtsextremisten gewinnen an Einfluss, ihre Wahlergebnisseund die von ihnen betriebene Verrohung der Gesellschaft machen Angst. Wie schützen wir unsere Demokratie? Kann Bürgerbeteiligung dabei ein Faktor sein?

Artikel lesen
Interview

Flood the Zone with Love and Kindness

Marina Weisband ist Beteiligungspädagogin, Diplompsychologin und Autorin. Im Interview spricht sie über die Demokratie von heute, die Bedrohung des morgen und die Chancen für übermorgen, sowie über ihre persönlichen Erfahrungen mit Beteiligungsprozessen und wie gute Beteiligung gelingen kann.

Artikel lesen
Best Practice

Zufall bringt Vielfalt

Mit betterLÄND hat das Umweltministerium Baden-Württemberg einen neuartigen Jugenddialog initiiert. Ziel war es, junge Menschen zu erreichen, die sich bislang kaum an politischen Prozessen beteiligen oder engagieren.

Artikel lesen
Literatur

Die Vertrauensfrage

Demokratie funktioniert nicht ohne Vertrauen. Dabei geht es weniger um das Vertrauen in Regierende und Parteien. Demokratie braucht vor allem unser Vertrauen in das demokratische Design an sich, also die Zuversicht, dass widerstreitende Interessen langfristig ausbalanciert werden können. Und wir brauchen Vertrauen in uns selbst, darauf, etwas bewirken zu können.

Artikel lesen
Der Querulant

Zeit für eine neue Ära

Bürgerbeteiligung – für einige das Vorzeigeobjekt der Demokratie. Jeder liebt es (oder behauptet das zumindest…), aber keiner weiß so richtig, was er damit letztendlich anfangen soll.

Artikel lesen