Viele Menschen organisieren Beteiligung – in Kommunen, Ministerien, Verbänden, Unternehmen. Manche von ihnen machen das schon mehrere Jahre, andere nur nebenbei. Viele machen das richtig gut, sie sind echte Beteiligungsprofis.
Doch aus professionssoziologischer Perspektive sind „Beteiligungsprofis“ vor allem dadurch definiert, dass sie „hauptberuflich damit beschäftigt sind, Bürgerbeteiligungsprozesse anzutreiben und durchzuführen.“ So beschreibt es Dr. Eva Krick, die Autorin einer Studie, die schon 2023 in der Fachzeitschrift „Leviathan“ veröffentlicht wurde, aber gerade bei den Beteiligungsprofis bislang wenig bekannt ist.
Das ist schade, denn die Studie bietet einige interessante Impulse. Sie ist eher qualitativ orientiert und beruht in ihrem Kern auf einige wenige (11) Interviews mit Akteuren der Beteiligungsszene, darunter allerdings nur zum Teil Beteiligungspraktiker*innen. Ergänzt wurden die Interviews um die Auswertung von Branchenverzeichnissen wie zum Beispiel jenes des Berlin Instituts für Partizipation. Auch Leitlinien und Fachbeiträge in Zeitschriften wurden ausgewertet. Zum Zeitpunkt der Studie war der Fachverband Bürgerbeteiligung noch nicht gegründet (in dem die Autorin übrigens Mitglied ist).
Vier zentrale Handlungsfelder
Die Studie teilt die Tätigkeiten in vier Handlungsfelder ein: Einsetzung & Federführung, Design & Durchführung, Koordination & Interessenvertretung, Analyse & Forschung. Das ist eine etwas andere Einteilung, als sie die Beteiligungsprofis selber bei der Gründung des Fachverband Bürgerbeteiligung mit seinen Fachgruppen (Verwaltung, Dienstleistung, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Vorhabenträger) vorgenommen haben.
Für die Dienstleistungsbranche diagnostiziert die Studie einen deutlichen Anstieg der Umsätze, ebenso wie eine positiv Entwicklung in den Verwaltungen:
„In den letzten zehn Jahren sind die Kapazitäten der Verwaltung im Bereich Bürgerbeteiligung auf allen staatlichen Ebenen sukzessive ausgeweitet worden, und es sind vielfach eigene Stellen für diese Aufgabe geschaffen worden.“
Vor allem aber beschreibt die Studie eine zunehmende „Ausdifferenzierung“ der Tätigkeiten sowie eine – noch chaotische – Zunahme an Netzwerken und eher informellen Strukturen des Austausches. Spannend ist die Einschätzung:
„Allerdings gibt es (bisher) keine zentrale, von der gesamten Klientel anerkannte (und etwa durch umfassende Mitgliedschaft legitimierte) Instanz, die auch verbindliche Regeln wie beispielsweise Qualitätsstandards für die Beteiligungspraxis, für Lehrinhalte oder Qualifizierungsverfahren setzen und Sanktionen aussprechen könnte und so einer kollektiven Berufsethik Ausdruck verleihen würde.“
Spätestens hier fällt auf, wie viel in einer sich entwickelnden Branche in zwei Jahren geschehen kann. Mit dem Fachverband Bürgerbeteiligung ist zwischenzeitlich genau jene Institution entstanden, die diese Lücke füllen soll.
Spannende Perspektiven
Immer noch aktuell sind dagegen die Schlüsse, die die Autorin der Studie zieht:
„Die allmähliche Formalisierung der Berufsausbildung, die Vertiefung des Fachwissens und die Ausbildung von Qualitätsstandards befördern die Etablierung des Berufs, die epistemische Autorität von Beteiligungsprofis sowie tendenziell die Legitimation, Transparenz und Qualitätssicherung der Praxis.“
Die nahe Zukunft wird zeigen, ob diese Möglichkeiten auch wirklich realisiert werden können. Wir freuen uns schon jetzt auf eine mögliche Folgestudie und deren Ergebnisse. Der Volltext der Studie ist hier zu finden.