Herausgegeben durch den

Jugend-Kultur-Schmiede ERZ

Wie echte Beteiligung Demokratie stärken kann

Die Beteiligung junger Menschen ist ein zentraler Baustein für eine lebendige Demokratie. Doch gerade im ländlichen Raum fehlen oft Strukturen, um Jugendpartizipation nachhaltig zu verankern.

Hier setzt das Projekt „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ an, das im Erzgebirgskreis neue Wege der Mitbestimmung und jugendkulturellen Gestaltung auf Landkreisebene erprobt. In der Entwicklungsphase des Projekts wurden wertvolle Erfahrungen gesammelt, die zeigen: Demokratie lebt davon, dass junge Menschen echte Beteiligungsmöglichkeiten haben – nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis.

Beteiligung braucht neue Wege

Die „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ wurde im Spätsommer 2023 als Idee konzipiert und hat sich schnell zu einem dynamischen Netzwerk entwickelt. Die Kernfrage lautete von Anfang an: Wie können Jugendliche aktiv an der jugendkulturellen Gestaltung ihrer Region mitwirken? Die Antwort lag in flexiblen Beteiligungsformaten, die gezielt dort ansetzen, wo junge Menschen sind.

Eine zentrale Erkenntnis: Erfolgreiche Jugendbeteiligung funktioniert oft nur, wenn sie aufsuchend gestaltet wird. Deshalb wurden Formate wie die „Orte der Kultur“ ins Leben gerufen – regionale Events, die gezielt Jugendliche einbinden. Diese Veranstaltungen, durchgeführt in unterschiedlichen Orten des Erzgebirgskreises, ermöglichten es jungen Menschen, ihre Ideen und Wünsche zur Jugendkultur aktiv einzubringen.

Auch die „Jugend-Kultur-Werkstatt“ erwies sich als wegweisend: Hier wurden nicht nur kreative Methoden angewandt, sondern auch das jugendkulturelle Jahresthema für 2025/2026 festgelegt – von Jugendlichen für Jugendliche. „Normalerweise werden wir − wenn überhaupt − gefragt, aber am Ende entscheiden doch andere. Hier ist das anders: Wir bestimmen von Anfang an mit“, beschreibt es ein Mitglied des „Jugend-Kreis-Teams“ treffend.

Partizipation auf Landkreisebene in der Praxis

Die politisch angestrebte Beteiligung auf Landkreisebene, wie sie in § 43a SächsLkrO verankert ist, stößt bei den oftmals komplexen Themen eines Landkreises an gewisse Grenzen. Für viele Kinder und Jugendliche erscheinen diese Themenfelder häufig zu abstrakt und fern ihrer Lebensrealität. Die Erfahrungen der „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ haben jedoch gezeigt, dass sich diese Zielgruppe (auf Landkreisebene) am besten über jugendkulturelle Mitbestimmung erreichen und einbinden lässt. So schaffen wir einen Zugang, der es ihnen ermöglicht, aktiv und kreativ an der Gestaltung ihrer Umgebung mitzuwirken. In diesem Kontext bedeutet Partizipation weit mehr als bloße Mitsprache; sie eröffnet wertvolle Erfahrungen, die das Demokratieverständnis junger Menschen nachhaltig prägen, indem sie den Jugendlichen Raum gibt, eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und die Jugendkultur im Erzgebirgskreis aktiv mitzugestalten.

Ein Jugendlicher aus dem Projekt bringt es auf den Punkt: „Die ‚Jugend-Kultur-Schmiede ERZ‘ ist für mich etwas Besonderes, weil sie uns Jugendlichen eine Stimme gibt. Hier geht es nicht darum, dass Erwachsene für uns Kulturangebote planen – wir selbst entscheiden, was uns interessiert.“

Durch die enge Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren – von den LEADER-Regionen, dem Flexiblen Jugendmanagement des Kreisjugendrings Erzgebirge e. V. über Jugendzentren, Sportvereine, Akteure aus der Gemeinwesenarbeit bis hin zu Kulturschaffenden, der Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung Sachsen des Kinder- und Jugendrings Sachsen e. V. und dem Landratsamt Erzgebirgskreis – wurde ein starkes Netzwerk aufgebaut. Diese Vernetzung verschiedener gesellschaftlicher Bereiche trägt dazu bei, kulturelle Jugendbeteiligung im Erzgebirgskreis nachhaltig zu verankern.

Warum das Projekt weitergeführt werden muss

Die bisherigen Erfolge zeigen: Beteiligung lohnt sich. Doch um nachhaltige Strukturen zu schaffen, braucht es eine langfristige Perspektive. Der Antrag auf Förderung für die Umsetzungsphase wurde eingereicht – wenn er bewilligt wird, stehen bis zu 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um Jugendkultur im Erzgebirgskreis weiterzuentwickeln und viele konkrete Projekte umzusetzen.

„Wir haben so viele Ideen – mit der richtigen Unterstützung können diese endlich Realität werden! Stellt euch vor: Street-Art-Workshops bei Sport-Events, Festivals mit Live-Musik und Tanz-Battles oder auch Sportturniere mit DJ-Sets und Lichtinstallationen. Genau solche Events zeigen, wie Kunst, Kultur und Sport zusammengehören – und bringen uns als Jugend noch näher zusammen“, beschreibt ein Jugendlicher die Vision.

Doch das Projekt ist nicht nur für die Jugendlichen wichtig – es stärkt die gesamte Region. Wenn die „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ weiter gefördert wird, entstehen langfristig echte Strukturen, in denen Jugendliche aktiv mitgestalten können. Das macht den Erzgebirgskreis attraktiver, fördert das gesellschaftliche Miteinander und gibt jungen Menschen auch einen Grund, in der Region zu bleiben.

Die „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ zeigt eindrucksvoll, wie Partizipation zur Stärkung der Demokratie beiträgt. Jetzt braucht es die nächste Phase, damit aus guten Ideen gelebte Realität wird. Denn Demokratie ohne Beteiligung? Undenkbar!

Weitere Informationen: https://ehrenamt.erzgebirgskreis.de/jugendkulturschmiedeerz

Die Entwicklungsphase des Projekts „Jugend-Kultur-Schmiede ERZ“ wurde gefördert durch das Bundesprogramm „Aller.Land – zusammen gestalten. Strukturen stärken“. Dies ist ein Förderprogramm für Kultur, Beteiligung und Demokratie. Es richtet sich an ländliche, insbesondere strukturschwache ländliche Regionen in ganz Deutschland. Gefördert wird „Aller.Land“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie durch die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Programmpartner ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Der Bund stellt für das Förderprogramm von 2023 bis 2030 insgesamt 69,4 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung (BULEplus) sowie aus Mitteln der bpb zur Verfügung. Umgesetzt wird es vom Programmbüro Aller.Land (Projekteure bakv gGmbH).

Denise Rehm ist Mitarbeiterin der Fachstelle Ehrenamt. Die Fachstelle Ehrenamt im Erzgebirgskreis berät und unterstützt Engagierte sowie Vereine bei Förderungen, Weiterbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Anerkennung. Zudem vermitteln wir Einsatzstellen, vernetzen Akteure und initiieren gezielt Projekte zur Stärkung des Ehrenamts und der Kinder- und Jugendbeteiligung.
Diesen Beitrag teilen:

Das Magazin zur politischen Teilhabe

Hier ein kurzer Text über das kostenlose Magazin, seine Inhalte und den Fachverband Bürbergeteiligung…

Weitere Artikel aus unserem Magazin

Best Practice

Alle sollen mitmachen – aber wie?

Inklusiv und möglichst die erreichen, die sonst nicht mitmachen – das ist ein oft erhobener Anspruch an Beteiligungsprozesse. Wie könnte das gelingen? Ein Praxisbeispiel aus Berlin – Neukölln.

Artikel lesen
Kommentar

Bürgerbeteiligung am Limit

Bürgerbeteiligung erfreut sich wachsender Beliebtheit – immer häufiger werden Beteiligungsprozesse in unterschiedlichen Bereichen durchgeführt. Am Beispiel der Energiewende kommt Jan Schmidbauer zu der Einschätzung, dass Bürgerbeteiligung kein Selbstläufer ist.

Artikel lesen
Literatur

Conflict Culture Playbook

Dana Hoffmann und Hendric Mostert präsentieren konkrete Methoden und Werkzeuge, wie ein innovativer Umgang mit Konflikten in Beteiligungsprozessen aussehen kann.

Artikel lesen
Lexikon

Deliberation

Der Begriff Deliberation stammt vom lateinischen deliberatio, was so viel wie „Beratschlagung“ oder „Abwägung“ bedeutet. Deliberation beschreibt einen anspruchsvollen den Prozess, in dem Menschen sich auf sachliche und faire Weise austauschen, um eine informierte Entscheidung zu treffen.

Artikel lesen
Best Practice

Jugend-Kultur-Schmiede ERZ

Die Beteiligung junger Menschen ist ein zentraler Baustein für eine lebendige Demokratie. Doch gerade im ländlichen Raum fehlen oft Strukturen, um Jugendpartizipation nachhaltig zu verankern.

Artikel lesen
Best Practice

Beteiligung als Innovationstreiber

Motivierte, kreative Menschen, finanzielle Mittel und viel Raum für Ideen – hervorragende Zutaten für eine gelungene Beteiligung. Doch aus guten Zutaten folgt nicht automatisch ein gutes Ergebnis. Wie konnte im Rahmen der Smart-City-Strategie der Stadt Oberhausen aus Beteiligung erfolgreich Verantwortung werden?

Artikel lesen
Literatur

Demokratiepolitik

Finn Heinrich und Leander Berner entwickeln Vorschläge für die Institutionalisierung von Demokratiepolitik, um demokratische Verfahren, Institutionen und Praktiken besser zu schützen und weiterzuentwickeln.

Artikel lesen