Die Mitgliederversammlung des Fachverbands Bürgerbeteiligung beschloss im Oktober 2025 den “Norderstedter Appell”, in dem gefordert wird, dialogische Bürgerbeteiligung zur kommunale Pflichtaufgabe zu machen. Wir dokumentieren hier den vollständigen Wortlaut:

Demokratie braucht Beteiligung

Bürgerbeteiligung ist kein Luxus, sondern ein tragender Pfeiler der Demokratie, sie muss deshalb kommunale Pflichtaufgabe werden

(Norderstedt, 28.10.25) Unsere Demokratie ist unter Druck. Demokratische Institutionen, Akteur*innen und Entscheidungen werden von Extremist*innen und Populist*innen verspottet und bekämpft. Das wirkt. Vor allem dort, wo es keinen oder zu wenig Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch zwischen diesen und den Entscheider*innen in Politik und Verwaltung gibt.
Seit vielen Jahren erleben wir, dass dialogische Bürgerbeteiligung dem erfolgreich entgegenwirkt. Sie verläuft nicht immer konfliktfrei. Und das soll sie auch nicht. Denn Bürgerbeteiligung thematisiert unterschiedliche Meinungen, Haltungen und Interessen – und bringt Menschen dazu in den Dialog.

Ob Bürgerhaushalte, Vorhabenbeteiligung, Bürgerräte oder eines der unzähligen anderen Formate insbesondere kommunaler Beteiligung: Sie ist vielfältig, herausfordernd, aber wirksam und vor allem:

Sie stärkt die Demokratie.

Doch zugleich sehen wir ein strukturelles Problem: Dialogische Bürgerbeteiligung ist in den meisten Kommunen kein Pflichtbestandteil, sondern freiwillig und wird bei knapper Kasse als erstes gestrichen. Weil Kommunen bundesweit systemisch unterfinanziert sind, trifft es Beteiligung schnell und hart: Stellen werden abgebaut, Bürgerhaushalte ausgesetzt, Beteiligungsstellen aufgelöst, Dialogprozesse gestoppt. Was bleibt, sind formale Minimalverfahren: Pläne auslegen, Einwendungen zulassen, Rechtsweg ermöglichen. Doch das ist kein Dialog, sondern Widerstandsmanagement.

Echte Beteiligung beginnt früher und wirkt tiefer: Wenn Bürgerinnen und Bürger vor einer Entscheidung Informationen erhalten, Räume für Mitsprache haben und Einfluss auf Alternativen und Ausgestaltung nehmen können. Beteiligung bedeutet nicht, dass alle bekommen, was sie wollen – aber dass alle erlebt haben, dass sie nicht egal sind.

Warum das unverzichtbar ist?

Deshalb fordern wir:

  1. Eine dauerhaft und verlässlich bessere Finanzausstattung unserer Kommunen, damit sie nicht nur irgendwie über die Runden kommen, sondern Demokratie aktiv schützen können.
  2. Gute Bürgerbeteiligung muss von der freiwilligen Leistung zur kommunalen Pflichtaufgabe werden.

Gerade in Krisenzeiten brauchen wir (mehr) Beteiligung, nicht weniger.

Denn Demokratie funktioniert nicht, wenn Verwaltungen planen und die Menschen im Nachhinein protestieren. Sie funktioniert, wenn wir vorher miteinander reden, statt hinterher gegeneinander kämpfen. Bürgerbeteiligung kostet Geld, der Verzicht darauf verlängert Verfahren, provoziert Widerstand und kann so weit teurer werden. Vor allem aber kostet es Vertrauen und schwächt unsere Demokratie.

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